Dienstag, 18. Dezember 2012

                                                               Wiedersehen

Ich bin Eritreer und wollte immer in Eritrea leben. Eine gute Freundin von mir ist Äthiopierin und sie wollte auch in Eritrea leben, weil sie in Eritrea geboren und aufgewachsen war. 1998 begann  ein blutiger Krieg zwischen beiden Ländern. Wir wollten das nicht, aber wir konnten es uns nicht aussuchen. Wir wurden einfach nur Opfer von diesem blutigen Krieg. Ich als Eritreer musste sofort zum Militär und sie als Äthiopierin zurück  nach Äthiopien. Das war schmerzhaft und wir wollten uns nicht trennen, aber sie musste nach Hause!  Danach bin ich in den Sudan geflüchtet. Wir beide verließen Eritrea.

Elf Jahre lang habe ich  nichts von Ihr gehört. Ich wusste nicht ob sie in Äthiopien  oder  wo anderes lebte.  Wir hatten keinen Kontakt und ich konnte auch niemanden fragen. Es war unmöglich.

Heute früh bekam ich eine gute Nachricht über Facebook. Überraschend  las ich die Nachricht- sie kam von ihr. Sie ist in Äthiopien und sie lebt in Addis Abeba. Ich konnte es einfach nicht glauben. Sie hat mich nicht vergessen, wir sind Freunde geblieben.  Die Lage zwischen Eritrea und Äthiopien ist immer noch schwierig, aber  das spielt keine Rolle. Wir haben  Sehnsucht  uns wieder zu treffen. Zum Glück müssen wir nicht mehr lange warte. Wir werden uns im Februar in Addis Abeba treffen. Heute frage ich mich noch „ Wie viele Familien, Freunden, Bekannte leben getrennt? Wann sehen sie sich endlich wieder?“  
 
Zekarias Kebraeb

 

 

Montag, 19. November 2012



Ich war am 16.11.2012 in Genf. Wir haben vor dem UNO Gebäude demonstriert. Ich habe mein Buch vorgestellt. Mehr als 3000 Menschen haben gegen den diktator in Eritrea demonstriert.
 
 
 
 

Freitag, 26. Oktober 2012


Behörden gegen Flüchtlinge

 

Flüchtlinge sind in Deutschland unwillkommen!! Sie werden  oft von der Politik und von den Behörden unterdrückt. Deutschland  will nicht, dass die Flüchtlinge arbeiten  und lernen dürfen. Die Behörden lassen  es nicht zu, dass sie sich frei bewegen.  Flüchtlinge werden immer  schlecht behandelt.

Was wird aus diesen Menschen? Warum wundert sich Deutschland, dass Flüchtlinge sich nicht richtig integrieren? Will Deutschland, dass sie alle Hartz IV Empfänger werden?  Deutschland hat doch den Weg  gezeigt!!
 
Ein Flüchtling kommt mit einer großen Hoffnung nach Deutschland und Versucht hier sich zu integrieren, die Sprache zu lernen und sich besser anzupassen. Deutschland versucht das Leben den Flüchtlingen schwer zu machen, blockiert die Wege, macht die Grenzen dicht, schreibt Gesetze wie „Arbeit- und Bildungsverbot für Flüchtlinge“  und am Ende heißt es „Die Flüchtlinge sind nicht bereit  sich zu integrieren“. Paradox!!

Ich muss als Flüchtling immer leiden. Meine eigenen Erfahrungen gegenüber den Behörden sind negativ. Ich merke seit genau acht Jahren,  dass ich hier nicht akzeptiert werde.  Aber ich werde weiter kämpfen! Kämpfen für mich und für alle Flüchtlinge!!

Zekarias Kebraeb

Mittwoch, 10. Oktober 2012


                                     Zehn Jahre in Europa

Wo war ich vor Zehn Jahren?  Was bedeutet der zehnte Oktober für mich? Wie glücklich oder wie enttäuscht war ich? Was waren meine Erwartungen? War Europa wirklich ein Paradies?

Heute vor Zehn Jahren, als ich 17 Jahre alt war, erreichte ich nach langer Flucht das Paradies Europa. Ich war Sieben Monate unterwegs. Sieben Monate auf der Flucht über die Saharawüste und das Mittelmeer. Mein Ziel war Europa. Ich bin am 10 Oktober 2002 morgens um 9 Uhr in Sizilien angekommen. Ich war müde, krank und schwach. Mein erster Satz in Europa war „Ich bin frei.“ Viele Polizisten, Italienische Marinesoldaten und  Sanitäter haben sich um mich gekümmert.  Ich war sehr glücklich und dankbar.  Wir sind zuerst  zu einem Auffanglager  gebracht worden. Dort erlebte ich meine erste Enttäuschung  in Europa. Ich habe sofort gemerkt, wie schwer das Leben sein kann. Aber ich habe meine  Hoffnung nicht verloren. Ich lebte  später als Obdachloser Flüchtling in Mailand. Es war Dezember  und sehr kalt. Ich musste weiter flüchten……
 
In der Schweiz  hatte ich zumindest ein Dach über meinen Kopf, musste nicht hungern und konnte mich warm anziehen. Arbeiten, Lernen, Reisen war verboten!! Die Flucht geht weiter…

Schweden war mein Ziel. Aber Ich wurde in Deutschland verhaftet und durfte nicht weiter nach Schweden reisen. Zuerst musste  ich wegen meiner illegalen Flucht drei Monate ins Gefängnis und danach konnte ich Asyl beantragen.  Mein Leben war genauso  kompliziert wie in der Schweiz. Ich durfte als Flüchtling nicht Arbeiten, Lernen, Reisen und den Landkreis nicht verlassen. Aber ich wollte nicht weiter flüchten. Ich habe entschieden  in Deutschland  für meine Rechte zu kämpfen. Dies habe ich auch getan.  Heute bin ich  frei, darf in Deutschland bleiben und bald werde ich sogar Deutscher Bürger. Ich habe  Meine persönliche Freiheit gewonnen.   

Zekarias Kebraeb

Donnerstag, 4. Oktober 2012


                                Der lange Arm der Diktatur

Ich bin geflüchtet,  aber ich bin immer noch nicht ganz frei. Meine Freiheit  in Deutschland ist von dem eritreischen Diktator  gestört, weil der Diktator einen langen Arm hat. Er nutzt uns aus und er macht dadurch Geld. Wir müssen leiden.

Wie macht er das? Warum macht er das? Ist dies Erlaubt?
                                                                  Eritreischer Botschafter
Eritrea hat eine Botschaft in Berlin und ein Konsulat in Frankfurt am Main. Die Diplomaten sind von dem Diktator geschickt um Geld für ihn zu beschaffen. Das Geld kommt von den eritreischen Flüchtlingen, die hier in Deutschland leben. Wir Eritreer müssen unser Zwei prozentiges Einkommen an die Botschaft  zahlen. Eritrea nennt das „ Aufbausteuer“. Wer sich verweigert das Geld zu überweisen, wurde als Verräter beleidigt und bekommt keine Betreuung vom Konsulat. Das ist illegal aber der Diktator konnte dies  für mehr als 20 Jahre gemacht. Der Spiegel hat darüber berichtet. Hier können sie weiter lesen.

Donnerstag, 13. September 2012


                                        Abschiebung

Ein schlechtes Wort. Was bedeutet Abschiebung für uns Flüchtlinge? Warum haben Flüchtlinge aus Eritrea Angst vor der Abschiebung? Kann das tödlich sein? Was wird aus einem Flüchtling, wenn er nach Eritrea zurückkehren muss?

August 2002, viele Flüchtlinge aus Eritrea wollten mit einem kleinen Boot nach Italien übersetzen. Aber es ging nicht. Das Meer war zu dem Zeitpunkt zu unruhig und damit zu gefährlich. Die Flüchtlinge haben sich für Malta entschieden. Malta ist eine Insel, die zwischen Libyen und Italien liegt. Die Flüchtlinge wollten zunächst nur ihr Leben retten. In Malta angekommen, bekamen sie einige Wochen später eine Schocknachricht. Alle mussten zurück nach Hause, nach Eritrea!! Sie haben im Gefängnis gegen die Abschiebung protestiert, aber nichts hat geholfen, sie wurden abgeschoben! In Eritrea landeten die Flüchtlinge in einem Foltergefängnis.  Viele davon starben und viele andere flüchteten erneut. Heute darf Malta keine Flüchtlinge mehr nach Eritrea abschieben.

Im Jahr 2004 hat Libyen wieder viele Flüchtlinge nach Eritrea abgeschoben. Libyen wollte nach und nach alle Flüchtlinge loswerden. Ende 2004 haben dann die Flüchtlinge ein Libysches Flugzeug mit Hilfe von Bestecken entführt und im Sudan Asyl beantragt. Libyen hat daraufhin die Aktion gestoppt.

Deutschland entschied im Jahr 2006 zwei eritreische Flüchtlinge nach Eritrea abzuschieben. Sie sollten ab Frankfurt Flughafen abgeschoben werden. Sie weigerten aber und es gab Ärger. Die Piloten und Passagiere wollten nicht mit Flüchtlingen und Polizisten in einem Flugzeug zusammen fliegen. Am Ende sind sie mit einem Militärflugzeug transportiert worden. Das kostete etwa 100.000 Euro. Wie gewöhnlich sind die Flüchtlinge in Eritrea sofort inhaftiert und gefoltert worden. Deutschland musste sich danach bei Menschenrechte Organisationen entschuldigen und zusätzlich Schmerzensgeld zahlen.

Ich war auch im Jahr 2004 in einer Abschiebehaft in Norddeutschland. Ich verstand es nicht, warum ich als Flüchtling wie ein Krimineller im Gefängnis sitzen musste. Ich wurde gefragt, ob ich einen eritreischen Pass hätte. Ich konnte natürlich keinen vorweisen, da ich auf meiner Flucht keinen Pass bei mir tragen durfte. Es war schrecklich dort. Ich hörte jeden Abend Schrei von inhaftierten Flüchtlingen. Das war ein Alptraum. Ich wollte nicht nach Eritrea zurück, wollte auch nicht im Gefängnis in Deutschland sitzen. Ich und alle Flüchtlinge wollten ihre persönliche Freiheit. Abschiebung ist keine Lösung. Eritrea braucht Frieden, Demokratie  und Freiheit, damit die Menschen nicht fliehen müssen, sondern dort normal leben können. Ein großes Schritt wurde in den letzten Jahren erreicht: Flüchtlinge aus Eritrea dürften seit 2005 nicht mehr abgeschoben werden.

Zekarias Kebraeb

Freitag, 7. September 2012


                            Eritrea: ein gescheiterter Staat?

Tausende verlassen das Land jeden Monat, viele Ehen sind  getrennt, Kinder  leben ohne Eltern, über 350 Foltergefängnisse, lebenslang Militärdienst unter unmenschlichen Bedingungen, keine einzige Universität im Land. Eritrea hat keine Verfassung, keine Wahlen, keine freie Presse.  politische Parteien sind verboten. Es gibt keine Bürgerechte,  nur unmenschliche Pflichten.

Wie lange wird das so gehen? Schafft Eritrea irgendwann sich zu besinnen das Land zu entwickeln oder wird Eritrea bald ein gescheiterter Staat sein? Die Regierung meint, es sei  alles  in Ordnung. Der Staatschef Isayas  Afewerki  sagte“ Eritrea wird bald ein gutes  Beispiel. Eritrea ist besonders, das Leben in Eritrea ist wie im Paradies“ In Wahrheit ist Eritrea die Hölle. Die Menschen haben heute keinen Wert in Eritrea, aber wenn sie dann erst auf der Flucht sind, werden sie für viel Geld verkauft (40.000 - 60.000 Dollar).  Das ist unfassbar, undenkbar und schrecklich, aber das ist die Wahrheit. Das Volk leidet fruchtbar ohne Ende  und die Regierung erzählt komische Geschichten. 

Gestern ist eine eritreische Familie von ihren Entführer aus der Sinai Wüste  frei gelassen worden und in Israel angekommen, weil Ihre Familie  in Norwegen für sie viel Geld bezahlt haben. 
Neuerdings sind  Organhandel und Entführungen  für Eritreische Flüchtlinge in den Sudan, Libyen und Ägypten  an der Tagesordnung geworden.  Die Geschichten werden  immer  dramatischer. Ich ärgere mich, wenn die im Ausland lebenden Eritreer nicht  gegen das Problem kämpfen, sondern  wenn sie zu einer von  dem Diktator organisierten Veranstaltung tanzen gehen. Sie nennen sich Nationalisten und Helden. Das Volk in Eritrea kennt sie  aber als Papageien, die immer die Worte des Diktators nach Plappern.

Wenn jemand  wie ich auf Seiten der Flüchtlinge steht, wird er als Verräter  beschimpft und manchmal auch geschlagen. Wer aber nur was Gutes über den Diktator erzählt, würde als richtige Eritreer behandelt.  Ich habe Freiheit im Sinn, ich werde auch weiter für die Freiheit kämpfen und nicht für einen Diktator.
Zekarias Kebraeb

Freitag, 31. August 2012


                                      Ein Stern  weniger

Vor  wenigen Tagen hat Afrika einen Stern verloren. Der äthiopische Premier  Minister Meles Zenawi ist unerwartet mit 57 Jahren  im Krankenhaus in Belgien gestorben. Was bedeutet das für Äthiopien und auch natürlich für Eritrea? Ist das ein großer Verlust oder eine Erleichterung?

Für die äthiopische Opposition, die in Äthiopien eine kommunistische Regierung  haben wollen und bis heute immer noch nicht an Eritreas Unabhängigkeit  glauben  war  der Tod kein  Verlust.  Sie hofften, dass  sie gleich morgen nach dem Tod des Premier Ministers sofort den Staat regieren. Aber die Realität ist anders. Die Menschen in Äthiopien wollen Demokratie und Veränderung. Äthiopien hat es mit dem Premier Minister ein Schritt nach vorne geschafft. Er hat viel erreicht.  Für mich war sehr interessant zu wissen, was für eine Reaktion   der Tod  für die Menschen in Äthiopien bringt? Als das Staatsfernsehen über den Tod   berichtete, waren viele Menschen weinend auf der Straße zu sehen. Eine Frau schrie „ Äthiopien hat einen Stern verloren“ eine andere sagte „ Was machen wir jetzt?“

Viele dachten, dass  in Äthiopien bald Bürgerkrieg herrscht. Das ist selbstverständlich in Afrika. Wenn ein Staatschef stirbt, freuen viele Menschen in Afrika und gehen tanzen. Die Menschen hoffen auf eine bessere Veränderung. Aber das war nicht der Fall in Äthiopien letzte Woche. Als die Leiche aus Belgien nach Adiss Ababa kam, waren hunderttausende Äthiopier mit Kerzen zum Flughafen gegangen. Die ganze Nation trauert um ihn. Seine Frau sagte weinend „ Hier ist unser zu Hause, aber der Stern ist nicht mehr da. Gott, warum hast du mich so bestraft?“ das sind Herz brechende Sätze.

Ich war vor 2 Monaten in Äthiopien und habe viele schöne Sachen beobachtet, zum Beispiel  junge Menschen haben Bildungsmöglichkeiten, jeder bewegt sich frei, es gibt demokratische Wahlen und frei Presse ( obwohl  das nicht 100 prozentig und sehr perfekt ist, es ist eine gute Anfang  für ein  Land wie Äthiopien). Das kann man überhaupt nicht mit der aktuellen Situation  in Eritrea vergleichen. Aber der Eritreische Diktator glaubt, dass Eritrea besser  und auf dem guten Weg ist. Mir fällt es aber sehr schwer zu verstehen, warum der Diktator in Eritrea nicht  über den Tod des Premier Ministers sprechen wollte. Er hatte doch seit mehr als 12 Jahren mit ihm unendlichen Streit? Warum berichtet das Eritreische Staatsfernsehen nicht darüber? Ist das unwichtig? Haben die Menschen in Eritrea kein Informationsrecht?

Der Premier Minister wurde am Sonntag in Addis Ababa  beerdigt. Äthiopien organisierte  eine historische Beerdigung.  Das Parlament hat schon einen neuen Premier Minister gewählt. Äthiopien ist stabil, wie viele gedacht haben, gibt ist keinen Bürgerkrieg und alles läuft ganz normal wie früher. Das ist eine gute Entwicklung für Afrika. Ich wünsche Äthiopien einen guten demokratischen Weg und ich hoffe, dass die Amtszeit unseres Diktators bald dem Ende zu geht und Eritrea dem äthiopischen Weg folgt. Äthiopien  hat einen  Stern verloren, Eritrea leidet immer noch unter einem  unmenschlichen Diktator. „ Wer gut ist, stirbt schneller!!"
 

Zekarias Kebraeb

Freitag, 17. August 2012


                           Olympia oder Freiheit?

Was brauchen die Athleten? Hat Freiheit mehr  Wert  als Sport? Warum glaubt Eritrea Militärdiktator Isayas Afewerki nicht, dass sein Volk auf der Flucht ist? Ein Interview- Auszug des TV – Senders Al Jazeera mit dem Präsidenten von Eritrea.

Al Jazeera: Kann  jeder Eritreer das Land verlassen?

Isayas Afewerki: Haben Sie gestern die Show genossen?

Al Jazeera: Kann jeder das Land verlassen? Bitte noch einmal!

Isayas Afewerki: Jeder kann dieses Land jederzeit verlassen.

Al Jazeera: Aber laut UNO- Berichten  fliehen jedes Jahr 65.000 Eritreer in den Sudan.

Isayas Afewerki: Dies sind Ihre Lügen.

Al Jazeera: Sie meinen, die Eritreer flüchten nicht?

Isayas Afewerki: Genau.

Al Jazeera: Aber die eritreische Fußballnationalmannschaft ist in Kenia verschwunden. Und andere eritreische Sportler  haben in Schottland Asyl beantragt.

Isayas Afewerki: Das ist neu für mich. Davon habe ich nichts gehört. Und ist mir egal ob ein Eritreer Asylantrag stellt oder in Europa und Amerika Arbeit sucht.

Al Jazeera: Versprechen Sie Ihrem Volk Demokratie ?
Isayas Afewerki: Ich verspreche gar nichts, wir sind nicht wie Äthiopien, Somalia, Nigeria….. wir sind die Besten und Nummer eins in Afrika!!


Er hat Recht wir sind Nummer Eins. Eritrea produziert keine Güter, sondern exportiert Flüchtlinge, Menschenrechtsverletzungen sind Alltag. Dies macht den Diktator sehr stolz, weil  er nur an seine Macht denkt und nicht an Menschenwürde.

Das Interview hat er im Jahr 2010 gegeben und wollte nicht glauben, dass sein Volk auf der Flucht ist. Aber diese Woche  haben auch vier Eritreische Athleten in London Asyl beantragt. Eritrea gewann keine Medaillen, aber die Athleten fanden in London ihre Freiheit. Das ist viel wichtiger als Ruhm für ein Land, in dem man nicht frei ist.

Alle wollen das Land verlassen, aber es gibt  keine Möglichkeiten. Die Athleten haben ihren  goldenen Möglichkeiten  genutzt und  bringen einen weiteren Beweise dafür, dass die Menschen auf der Flucht sind.



Zekarias Kebraeb

Donnerstag, 9. August 2012


                                   Reise nach Äthiopien

Die äthiopische Regierung  hat im Juli 2012 200 Eritrea Flüchtlinge zu einer Konferenz nach Äthiopien eingeladen. Alle Kosten, wie Flug, Unterkunft  und Verpflegung wurden von der Regierung übernomen. Die Eritreer, die sich in Frankfurt trafen, kamen aus der ganzen Welt, die meisten aus Europa, wenige aus Canada, Australien und den USA.

Der Flug nach Addis Ababa dauerte sieben  Stunden und mich beschlich ein tiefes Heimatgefühl.

Die Enttäuschung  der Flüchtlinge war riesig groß,  als man uns mitteilte, dass  wir nicht in Addis, der Hauptstadt bleiben konnten. Eine Erklärung wurde uns nicht gegeben. Zwei Mini Busse brachten uns 50 KM weiter in die Studentenstadt Debrezeyt. Das Leben auf der Straße war lebendig und wir sahen viele Junge Afrikaner, die hier ihre Studium absolvierten. Wir wurden in einem  Universitätscamp untergebracht, in dem  zur Zeit, da Ferienzeit war, sich keine anderen Studenten befanden. Von diesen Studenten Camps, neue Wohnhäuser – mit großen Gartenanlagen, gibt es Vierundzwanzig in Äthiopien. Die Regierung legt großen Wert darauf, ihre jungen Leute gut auszubilden. Auch Flüchtlinge aus Eritrea haben die Möglichkeit, in Äthiopien an den Universitäten zu Studieren.

Das Studenten-Camp in Debrezeyt   beeindruckte uns durch Funktionalität  und schöne Arkitektur. Die Zimmer waren hell, sauber, gut eingerichtet  und verfügten alle über eigene Badezimmer. Das Camp war sehr groß, hatte eine wunderbare Mensa und mehrere Konferenzräume. Wir wurden sehr gut mit 3 Mahlzeiten pro Tag  versorgt. Wir konnten zwischen Traditionellem und Europischem Essen wählen.

Auf dem Universitätsgelände gab es wunderschöne grüne Parks mit vielen Obstbäumen. Es war wie im Paradies. In der Nacht regnete es heftig, am Tag schien die Sonne. Die Regenzeit geht von Anfang  Juni bis Mitte September. Danach regnet es 9 Monate nicht mehr. Der 11. September ist in Äthiopien  der Beginn des neuen Jahres.   Äthiopien schreibt das Jahr  2004. Alle Geräusche von den Tieren in der Nacht  erinnerten mich an meine Kindheit und Jugend  in Eritrea. Allerdings war die Enttäuschung  wieder sehr groß, als wir merkten, dass wir das Camp nicht verlassen durften und dazu militärisch bewacht wurde. Wir hatten auch keinen Kontakt zu einheimischen Studenten. Wir Eritreer bleiben die ganze Zeit unter uns. Wir waren 200 Junge Leute im Alter von 18 bis 40. Alle hatte eine mehr oder weniger gefährliche Flucht hinter sich.

Ein Tag in Debrezeyt

Um 7:30 Uhr gab es für alle ein gemeinsames Frühstück mit Tee, Kaffee, Milch und Obstsäften. Zum Essen gab es Brot, Rühreier und verschiedene Gemüse und Obstsorten. Käse und Wurst isst man nicht in Äthiopien.

Wir wurden in 6 Gruppen aufgeteilt und blieben auch die 10 Tage mit der Gruppe zusammen. Nach dem Frühstück ging jede Gruppe für sich in verschiedene Konferenzräume. Folgende Themen wurden in den einzelnen Gruppen behandelt:

*Was ist die Aktuelle Situation in Eritrea?

*Was sind unsere Probleme?

*Was können wir tun?

*Wie lösen wir unsere Probleme?

Nachmittags trafen sich alle Flüchtlinge in einem großen Konferenzraum. Da wurde dann über die Themen diskutiert, über die wir morgens gesprochen haben. Dabei gab es zum Teil heftigste Diskussionen, die früher meistens in körperlichen Auseinandersetzungen  endeten, hier aber Intensiv ausdiskutiert wurden. Die Auseinandersetzungen am Nachmittag waren zum Teil sehr heftig. Über eine Lösung der vielen Probleme gab es unterschiedliche Meinungen. Eine große Teil war der Meinung, dass man die Probleme in Eritrea ohne Hilfe von außen allein in den Griff bekommen könnte. Das heißt, man würde  gegen das Militär des Diktators kämpfen. Das würde aber  dann in einem Bürgerkrieg enden. Die Mehrheit einigte sich darauf, zunächst den Diktator Isayas grundsätzlich zu schwächen.  Eritrea verfügt über kostbare Bodenschätze.  Diese werden  aber vom Diktator für Waffen und Militär eingesetzt. Die Bevölkerung hat keinen Anteil an diesem Reichtum. Die jungen Leute werden nicht ausgebildet, Infrastruktur wird nicht geschaffen, die Bevölkerung lebt weiter in tiefer Armut.  Um den Diktator zu schwächen, gibt es Möglichkeiten,  z. B  ihm keine Waffen mehr zu verkaufen. Leider besorgt er sich laut UNO-Bericht Waffen auf illegale Weise. Gegen Ende der Konferenz entwickelten wir gemeinsam folgendes Konzept:

*Alle Flüchtlinge, die in Ihre Heimatländer zurückkehren, haben die Aufgabe, sich in Organisationen zu vereinen und möglichst noch dazu andere Jugendorganisationen mit einzubinden.

*Diese Jugendorganisationen sollten  dann in der entsprechenden Ländern über die Zustände in Eritrea öffentlich informieren d.h, Politiker ansprechen und diese über die Zustände in Eritrea  informieren.

*Ein Büro wird für unsere Zweck in Addis Abeba eröffnet.

Einige von unseren Leute sind nicht mehr in Ihren Heimatländer zurückgekehrt, sondern blieben in Äthiopien und wollten in diesem Büro arbeiten.  Die äthiopische Regierung hat uns ihren Hilfe dabei zugesagt.

Die äthiopische Regierung möchte unter keinen  Umständen  die Unabhängigkeit Eritreas boykottieren. Eritrea wird von Äthiopien als eigener Staat anerkannt.  Das wirtschaftliche Interesse an Eritrea ist in Äthiopien groß.  Eritrea verfügt über Gold, Meerzugang, Hafen……

Eritrea könnte ohne Bürger krieg  und ohne Militärdiktatur ein blühendes, wohlhabende Land werden. Diesen Wünsch hegen Äthiopien wie auch wir Flüchtlinge, eines Tages in einem freien Land unter sehr guten Bedienungen leben können.
Zekarias Kebraeb
Deutschlandstiftung Integration




Mittwoch, 27. Juni 2012


                             Kampf um die Papiere

Menschen und Papiere, Papiere und Deutschland. „ Ohne Papiere hat man keinen Wert“ Diesen Spruch  habe ich am Anfang nicht wahrgenommen. Ich konnte einfach nicht glauben, dass ein Mensch ohne Papier keinen Wert hat.

Als ich vor zehn Jahren nach Deutschland  flüchtete, wurde ich zuerst gefragt, ob ich meine Papiere  aus Eritrea mitgebracht hätte. Ich war ohne Ausweis, ein Staatsloser. Ich habe versucht zu erklären, dass ich aus Eritrea komme. Niemand konnte mir glauben. Ich sagte immer und immer wieder  „Schauen Sie meine Hautfarbe an, ich spreche doch Eritreisch und hier ist die Adresse  meiner  Eltern, ich bin sicher dass ich aus Eritrea bin.“ Aber meine Aussage war ohne Papiere nicht glaubwürdig. 

„Wir wissen nicht Herr Kebraeb, woher Sie kommen, bitte bringen Sie uns Beweise“,  diesen Satz  hörte ich  jeden Tag  bei der Ausländerbehörde.  Erlaubnis nach Nürnberg  zu fahren, hier Bestätigung, da eine Stempel. Um in Deutschland  zu leben, muss man gültige Papiere vorweisen. Ohne Papiere keine Bewegung, keine Reise und kein Leben. Menschen wollen nicht Menschen sehen, sondern Papiere. Behörden glauben keinem Flüchtling, sondern nur Papieren. Wer keine Papiere hat, hat kein Leben, er existiert nicht.

Alle Papiere sind nicht gleich. Als Deutscher kann ich in die ganze Welt bequem reisen, mit einem eritreischen Pass ist das unmöglich. Mein Bruder  musste als Professor  oft fliegen und musste an vielen Konferenzen teilnehmen. Am Anfang hatte er einen Eritreischen Reiseausweis, nur deswegen wurde er überall  stundenlang intensive  kontrolliert.  Er ist heute Amerikaner geworden und nur, weil er Amerikanische Papiere besitzt, wurde er plötzlich nicht mehr kontrolliert.

Waris Dire ein erfolgreiche Model  und Menschenrechtskämpferin  aus Somalia schrieb in ihrem Buch „ Weil ich keine Papiere hatte, konnte ich als Flüchtling nicht an Internationalen Mode- Shows  teilnehmen, heute darf ich  als Buchautorin und Model mit den richtigen Papieren überall meinen Beruf ausüben. Also Papiere machen einen Menschen groß oder klein.

Ich kämpfe immer noch um meine Papiere,  ich kämpfe um meine Aufenthaltsgenehmigung, mein Abitur Zeugnis aus Eritrea nach Deutschland zu bekommen, um ein  Visum, damit ich als Flüchtling nach Amerika  fliegen kann, wegen meiner Geburtserkunde aus Eritrea…….. ich brauche immer Papiere.

In Eritrea bekommt man selten Post nach Hause, hier bekomme ich jeden Tag viel. Das ist für mich sehr belastbar. Weil ein Mensch ohne Papiere keinen Wert hat, muss ich richtig für meine Papiere kämpfen. Immer……



Zekarias Kebraeb

Deutschlandstiftung Integration

Mittwoch, 20. Juni 2012

Mittwoch, 13. Juni 2012


               Glücklich als Flüchtling- wie geht das?

Flüchtling sein, heißt ungeliebt und ungewollt sein. Als Flüchtling ist man   nicht willkommen, nirgendwo. Staaten, Behörden, Beamte, Polizisten, Grenzschützer…….. Niemand will sich mit Flüchtlingen abgeben. Flüchtlinge werden oft als Bedrohung wahrgenommen. Deshalb stellt sich die Frage: Kann man als Flüchtling glücklich sein? Wie soll das gehen?

Flüchtlinge erwarten nach ihrer Flucht ein besseres Leben, ein Leben in Frieden und in Freiheit. Die Wirklichkeit sieht aber leider ganz anders aus. Die Hoffnung auf das Paradies der Freiheit geht fast nie in Erfüllung. Ich hatte vor meiner Flucht aus Eritrea überhaupt keine Ahnung, wie meine Zukunft aussehen würde und wusste nicht, was auf mich zukommt. Ich wollte nur Eritrea verlassen, das Land in dem Diktatur herrscht, keine unabhängige Justiz Recht spricht, kein Parlament die Regierung kontrolliert, Freiheit ein Fremdwort ist. Was würde mich nach meiner Flucht erwarten? Hätte ich eine Chance, selbstbestimmt zu leben, glücklich zu werden? Am Anfang sieht man nur die Hoffnung. Als ich in der Wirklichkeit ankam, wich der Hoffnung eine große Mutlosigkeit, am Ende Verzweiflung.

Als ich z.B.  den Sudan erreicht  hatte, war die Freude über die endlich gewonnene Freiheit groß. Aber mein Glück war schnell vorbei. Denn plötzlich war ich ein Illegaler ohne Aufenthaltsgenehmigung, ohne Papiere   ständig auf der Flucht vor der Polizei und auf der Suche nach einem sicheren Versteck. Ich war eben ein Flüchtling, ohne  Hoffnung und auch ohne die ersehnte Freiheit. Kein Grund, glücklich zu sein.

Flüchtlinge haben Angst, Angst vor Abschiebung, Verhaftung, Vergewaltigung, Gefängnis… Das kleine Glück ist, wenn man auf der Flucht wider Erwarten Hilfe erfährt, sei es durch Mitflüchtlinge oder einfach nur durch Menschen, die ein Herz für die Not des anderen haben. Aber für wie viele tausende ist die Hoffnung auf Hilfe vergebens gewesen!

In den langen Jahren, in denen ich in den Asyllagern festgehalten wurde, nicht lernen durfte, eigentlich nur die Zeit tot schlagen konnte, war meine einzige Zerstreuung das Fernsehen. Über Stunden habe ich in den Kasten geschaut, vieles nicht verstanden und am Ende Depressionen  bekommen. Das ist das Gegenteil von Glück!

Dabei wären Mut und Zuversicht nötig, um den Menschen eine Perspektive zu geben,  sie zu bestärken, auf ihre eigenen Kräfte und Hilfe setzen zu können. Nur so kann Hoffnung entstehen. Ich habe immer um ein wenig Hoffnung in meinem Herzen gerungen. Sie zu verlieren, wäre mein Tod gewesen. Denn nur wer Hoffnung hat, hat eine Chance auf ein wenig Glück. Trotz aller- Verzweiflung, der ich mich als Flüchtling nicht entziehen konnte- ein wenig  Hoffnung hatte ich immer und damit auch die Chance auf  Glück.

Zekarias Kebraeb
Deutschlandstiftung Integration


Mittwoch, 6. Juni 2012


Mein neues Leben ohne Residenzpflicht

Als Flüchtling ohne Legitimation wird man in ein Asylheim eingewiesen. Asyl klingt nach Schutz, nach Sicherheit und Geborgenheit. Die Wirklichkeit sieht oft ganz anders aus.

Ich wurde nach Solnhofen, einem Dorf mit 1900 Einwohnern in Landkreis Weißenburg- Gunzenhausen geschickt. Ein Asylheim mitten im Dorf, auf dem Lande, in Bayern, kaum vorstellbar.

Niemand kann sich vorstellen, wie schwer das Wort „ Residenzpflicht“ wiegt. Einen Ort nicht verlassen dürfen und das mit vielen anderen Flüchtlingen, das ist, wie in einem offenen  Gefängnis zu leben. Langweile, Streit, der Frust des nichts Tuns und die Enttäuschung mancher Flüchtlinge entlud sich oft genug in Gewalt. Zerbrochene Möbel und Fenster, verdreckte Küchen und Sanitäranlagen – Trauer, Enttäuschung und Wut waren die Folge.  Dazu das Verbot, keine Schule besuchen zu dürfen um etwas Sinnvolles zu lernen. Immer wieder die vergebliche Bitte um einen Urlaub, eine Ausnahme, ein kleines Stück Freiheit- „ Abgelehnt“!

Heute ist alles anders. Als anerkannter politischer Flüchtling bin ich frei. Ich darf überall hinfahren und fliegen und darf auch wieder nach Deutschland einreisen. Diese Freiheit ist für mich unbeschreiblich. Weil ich heute frei bin, kann ich mein Leben selbst in die Hand nehmen z. B  nach Berlin umziehen, arbeiten, mich um meine Bildung kümmern, viele Lesereise machen und letzte Woche sogar an einer Konferenz in den USA teilnehmen.

In der letzten Woche bin ich nach Washington D.C zu einer Konferenz über die Zukunft Eritreas geflogen und weiter zu einer Lesung nach Bern in die Schweiz. Das war der Wechsel von einem kleinen isolierten Flüchtling zu einem Weltreisenden. Was für eine wunderbare Erfahrung, frei zu sein! Das hat mich ermutigt, meinen Landsleuten weltweit Mut zu machen, meine Meinung in der Konferenz zu sagen, über meine Erfahrungen in verschiedenen Städten zu berichten und natürlich mein freies Leben zu genießen.

Die Residenzpflicht mag ein politisch notwendiges Mittel sein. In der Wahrnehmung eines Asylanten bedeutet die Residenzpflicht Lern- und Arbeitsverbot, wie in einem offenen Gefängnis.



Zekarias Kebraeb

Deutschlandstiftung Integration

Juni 2012

Dienstag, 22. Mai 2012


                                              Asylheime- Tor zur Freiheit!?

Schicksale führen Menschen in Kinderheime, Altenheime, Behindertenheime oder auch in Asylantenheime.  Heime sind Orte, an denen Menschen zusammen leben, denen ein Leben in einer Familie oder in geordneten Verhältnissen nicht möglich ist. Ein Kind, das beide Eltern verloren hat und ohne Verwandte ist, muss in ein Kinderheim. Ein alter Mensch, der nicht mehr zuhause leben kann, geht in ein Altenheim.

Ich habe vier Jahre in Asylheimen gelebt. Was ist ein Asylheim? Asylheime sind Orte in denen Flüchtlinge untergebracht werden. Flüchtlinge, die sich legal oder illegal in Deutschland, der Schweiz, in Italien oder in jedem anderen Land der Welt aufhalten. Für diese Menschen ist das Asylheim das ungeliebte, das unwirtliche Zuhause.

In den letzten Jahrzenten hat eine große Völkerwanderung eingesetzt. Menschen aus den ärmsten Ländern der Welt, Menschen, die in Unfreiheit leben, Menschen ohne Hoffnung suchen ihr Heil in der Flucht nach Europa.

Am 10. Oktober 2002 bin ich mit 150 anderen Flüchtlingen aus Libyen kommend in Sizilien gelandet. In der Sahara wäre ich beinahe verdurstet, auf der  Überfahrt von Libyen nach Sizilien fast ertrunken- wahrlich kein Einzelschicksal.

Mein Ziel war ein Leben in Freiheit. Meine Hoffnung war Europa. In Sizilien landeten wir in einem großen Asylantenlager. Zwei Monate durften wir das Lager nicht verlassen, bewacht von Carabinieri. Mit denen ist nicht zu spaßen. Irgendwann landete ich in einem Asylheim in der Schweiz. Man lebt dort mit vielen anderen Menschen auf engstem Raum. Arbeit  ist verboten, lernen ebenso. Man wartet darauf, dass die Tage vergehen. Fernsehen ist die einzige Unterhaltung. Und in den Nächten entlädt sich mancher Flüchtlingsfrust durch Randale, Gewalt, Lärm. Und dann immer wieder der ekelhafte Schmutz. Toiletten, Duschen, Kochstellen, alles starrt vor Dreck, es dreht sich einem der Magen um. Und am nächsten Tag beginnt das Warten von  neuem.

Und wenn man fragt, wie lange noch, dann bekommt man zur Antwort: „ Wir haben 50. 000 Asylanträge. Das Verfahren kann 50 Jahre dauern. Wer weiß….“In den Augen der Beamten ist man „ geduldet“. Ich fühlte mich nicht geduldet sondern verloren. Verlorene Zeit, Zeit ohne lernen  zu dürfen, ohne voranzukommen,  ohne zu leben, ohne zu lieben -  verloren. Und dazu die vielen Zwänge in den Asylheimen: Mahlzeiten, wenn man sie so nennen konnte,  hatten allein das Ziel, die Menschen satt zu machen- egal womit. Die Welt eines normalen Bürgers besteht aus Schule, Arbeit, Freizeit, Wohnen, Essen und Ferien. Daraus erwächst Glück. In einem Asylheim ist Glück ein Fremdwort. Ich habe mich oft gefragt: „ Zekarias, wo bist du? Was machst du hier? Gehörst du hierher?“ Ich habe immer wieder versucht, diese Fragen zu verdrängen, um nicht in Depressionen zu verfallen. Denn ich hatte mich ja für die Freiheit entschieden.

Aber ich habe mich auch gefragt, ob die hoch gepriesenen Grundrechte der Verfassung auch für Flüchtlinge gelten. Manchmal glaube ich, sie stehen nur auf dem Papier. Heißt es nicht in dem Gesetzt, dass jeder Flüchtling die Möglichkeit haben soll, in Deutschland zu leben, wenn er in seinem Heimatland aus religiösen oder politischen Gründen verfolgt wird? Ich habe mich auch oft gefragt, warum Flüchtlinge sich in Deutschland nicht frei bewegen dürfen. Müssen sie wirklich in Asylheimen leben? Muss es für sie wirklich eine Residenzpflicht geben, ein Lern- oder Bildungsverbot, ein Arbeitsverbot?

Zehntausende Männer, Frauen, Kinder und Jugendliche leben in deutschen Asylheimen. Jeder von Ihnen  hat Träume, Hoffnungen, Sehnsüchte, Schmerzen und vielleicht Heimweh. Sie alle warten. Sie warten auf die Aufenthaltsgenehmigung. Warum muss es Jahre dauern, bis sie eine Antwort bekommen? Jeder von ihnen hofft, dass sich für ihn das Tor zu Freiheit öffnet.

Zekarias Kebraeb
Deutschlandstiftung Integration










Mittwoch, 16. Mai 2012


                              Die Würde der Flüchtlinge

Das deutsche Grundgesetz – mein Grundgesetz beginnt mit dem Satz in Artikel 1 „ Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Was für ein großer, was für ein großartiger Satz- das wichtigste Grundrecht in Deutschland. Würde ist der zentrale Begriff, etwas Heiliges, unantastbares- eines der unverzichtbares Menschenrechte.

Als politischer Flüchtling auf der Flucht von Asmara, der Hauptstadt von Eritrea über den Sudan nach Libyen habe ich erlebt, wie wenig manchmal die Würde des Menschen zählt.

Hat ein Flüchtling, ein Kind, eine Frau ein Behinderter eine eigene, eine besondere Würde? Nein, sie sind alle Menschen mit demselben Anspruch auf Würde.

Die Praxis auf der Flucht ist eine andere. In Ostafrika werden Flüchtlinge als Sklaven gehandelt, entführt oder vergewaltigt. Mancher Flüchtling muss sterben, weil ihm seine Organe zum Verkauf gestohlen werden. Vergessen wir nicht: auch ein Flüchtling hat eine Familie, braucht Liebe, hat eine Heimat, seinen Glauben, seine Seele, Er ist ein Mensch- auch er ein Geschöpf Gottes. Aber wo bleibt seine Würde?

Wenn Flüchtlinge - keine Kriminellen – mitten in Europa sich nackt ausziehen  müssen- aus Sicherheitsgründen- und tabulos untersucht werden, so mag das legal sein. Aber wo bleibt die Scham, wo bleibt die Würde des betroffenen Menschen?

Für die Zukunft unserer Welt bin ich nicht sehr optimistisch. Es sind immer mehr Menschen auf der Flucht, auf der Flucht vor Diktatoren, Hunger und Armut. Sie alle haben Anspruch auf die Unantastbarkeit ihrer Würde. Warum? Weil alle Menschen vor Gott und der Welt gleich sind. Christus hat gesagt: „ was Du den geringsten unter Deinen Brüdern getan hast, das hast Du mir getan!“ aber wer beschützt sie, die Flüchtlinge mit ihrem Recht auf Menschenwürde.


Zekarias Kebraeb

Deutschlandstiftung Integration

Mittwoch, 9. Mai 2012


                                        Armut in Afrika

Was ist arm und was ist reich? Ist die Vorstellung von Arm und Reich hier in Europe und in Afrika gleich? Warum gilt Afrika eigentlich als armer Kontinent? Warum bietet Afrika ein so hässliches Bild? Und warum trägt es den Spitznamen  „ Der vergessene Kontinent“?

Ich bin in Afrika geboren und aufgewachsen. Unser täglicher Begleiter war Krieg und die Folge daraus Not. Dem Krieg macht ein Land arm. Alles Geld fließt in Waffen. Sie kosten Milliarden. Und dieses Geld fehlt für Bildung, für Soziale Sicherheitssystem, für Infrastrukturmaßnahmen, für alles, was Menschen zum Leben benötigen.

Jeder kleine oder große Diktator denkt an Krieg, weil er seine Macht absichern muss, weil er das Vertrauen der Menschen nicht hat. Der Kampf ist unser täglicher Begleiter. Als Kind habe ich auf dem zur Schule oft Bombenanschläge erlebt. Mein Bruder würde als Soldat schwer verzweifelt.

Arbeit, Bildung, Kariere, Zukunft- Worte ohne  Inhalt in vielen Teilen Afrikas. Hunger und Not sind die Regel. Das ist die Normalität in Afrika.

Dabei wissen wir: Afrika ist ein reiches Kontinent mit unendlichen Bodenschätzen. Aber den Profit stecken sich die Diktatoren in die Taschen- und an Diktatoren herrscht kein Mangel. Korruption ist die Regel, Rechtmäßiges Handeln nach gesehen die Ausnahme.  Das ist die Krankheit Afrikas, reiche Potentaten und ihre Gefolgsleute und ein Heer von Menschen, die kaum das Nötigste zum Überleben haben.

Als ich 2009 nach Äthiopien flog, sah ich Kinder im Alter von fünf und sechs Jahren auf der Straße. Sie waren ohne Eltern dort, sie ernährten sich von Müll, sie besuchten keine Schule. Was soll bloß aus ihnen werden?

Wenn wir Hoffnung nach Afrika bringen wollen, müssen wir erst einmal die Diktatoren davon jagen, für Infrastruktur sorgen, d.h. Straßen, Eisenbahnen und Flughäfen bauen. Unternehmen müssen gewinne Erwirbchaffen.  Mit diesen gewinnen müssen Menschen finanziert, ein Gesundheitssystem, eine soziale Absicherung geschaffen werden. Transparenz und Kontrolle gegen die unerträgliche Korruption geschaffen werden. Wir müssen an die Menschen dort denken. Haben sie nicht auch ein recht auf Glück, auf Hoffnung, auf Zukunft? Ist es Gottes Wille, dass Millionen Menschen keine Chance haben? Hat Gott Afrika vergessen, mein armes reiches Afrika?


Zekarias Kebraeb
Deutschlandstiftung Integration

Mittwoch, 2. Mai 2012


                                Beamte zwischen Pflicht und Mitgefühl

Beamte sind Staatsdiener. Sie stehen dem Staat gegenüber in einem besonderen Treueverhältnis. Der Staat kann und muss von seinen Beamten verlangen, dass sie sich für die Beachtung und Einhaltung der Gesetze einsetzen, ihre Pflicht tun.

Ich bin auf meiner Flucht manchen Beamten begegnet. Sie alle haben ganz gewiss ihre Pflicht getan. Aber reicht das aus?

Beispiel 1:

Ich war in einem Asylheim in Franken. Ich war verzweifelt, weil ich nicht arbeiten, nicht lernen durfte. Die „ Residenzpflicht“ zwang mich, die Zeit im Asylheim totzuschlagen. Alle meine Bemühungen, aus dieser Zwangslage herauszukommen, vielleicht doch einen Sprachkurs in Deutsch zu machen, mich vielleicht ein wenig sinnvoller zu beschäftigen, wurden abgelehnt- mit Hinweis auf die Rechtslage. Aber nicht das war es, was mich immer mehr verzweifeln lies. Es war ein Beamter der Ausländerbehörde, er und auch sein Vorgesetzter. Gelangweilt, uninteressiert, herzlos, zynisch reagierten sie auf meine Not. Bei jedem Gespräch ließen sie mich ihre Verachtung spüren.

Beispiel 2:

Endlich durfte ich meinen ersten Sozialhilfeantrag beim Arbeitsamt stellen. Als die Sachbearbeiterin mich fragte, wovon ich in den letzten Monaten gelebt hätte und ich  keine Antwort hatte außer „ von fast nichts“, kamen ihr fast die Tränen und sie schenkte mir 20 Euro vom ihrem eigenen Geld.

Beispiel 3:

Nach meiner Entlassung aus dem Lübecker Gefängnis an einem Freitag war ich gezwungen, ein Asylheim aufzusuchen. Dazu bedurfte es eine Genehmigung durch die Ausländerbehörde. Wie bekommt man an einem Freitagnachmittag eine solche Genehmigung? Der Beamte- gerade im Aufbruch- ließ mich wissen, dass er jetzt Dienstschluss habe. Ich solle am Montag wiederkommen. Ein Wochenende in Dezember bei Schneeregen auf der Straße, ohne Geld, ohne ein Dach über dem Kopf, um Essen betteln müssen, weil ein Beamter Dienstschluss hatte….

Beispiel 4:

Ich wurde zusammen mit einem Freund bei dem Versuch, ohne Papiere nach Dänemark zukommen, von zwei Grenzpolizisten festgenommen. Sie taten ihre Pflicht. Aber sie ließen uns spüren, dass wir Ihnen leid taten. Sie hatten Mitleid. Sie taten nur das Nötigste, um unsere Scham nicht noch zu vergrößern. Einen von Ihnen traf ich kurze Zeit später wieder. Er begrüßte mich freundlich fragte, wie er helfen könne und zeigte mir, das er ein Herz hatte.

Beamte zwischen Pflicht und Mitgefühl?

Beamte sind auch nur Menschen, mit Stärken und mit Schwächen.

Ich durfte vor 400 Polizeischülern in Lübeck aus meinem Buch „ Hoffnung im Herzen, Freiheit im Sinn“ lesen. Ich wollte dass sie verstehen, dass Flüchtlinge Menschen sind wie sie, mit Hoffnung, mit Schamgefühl, mit einer Seele und mit dem Bedürfnis, wie ein Mensch behandelt zu werden, auch dann wenn sie ihre Pflicht tun.


Montag, 23. April 2012


                           In den Händen von Schleppern

Flucht- das bedeutet, vor etwas weglaufen. Ich war auf der Flucht- und ich bin weggelaufen. Ich bin geflüchtet vor einer gnadenlosen Militärdiktatur, wollte Unfreiheit, Zwang, Hoffnungslosigkeit hinter mir lassen.

Aber wie kann man aus einem Gefängnis flüchten? Häscher, die Kontrollen, die Verräter sind überall, mit oft dramatischen Folgen für die Flüchtlinge.

Die einzige Chance, halbwegs sicher über die Grenze zu gelangen, sind Schlepper. Schlepper sind Menschen, die viel Geld damit verdienen, Flüchtlinge über die Grenze zu schmuggeln  und dafür Geld zu kassieren. Sehr viel Geld sogar, weil sie die Notlage  von Flüchtlingen für sich ausnutzen - die brutalste Form des Marktwirtschaft.

Flüchtlinge wissen nicht, wann sie flüchten können, wann sie schlafen dürfen und wann sie aufstehen müssen. Oft wissen sie auch nicht, in welche Richtung sie flüchten. Das bestimmen allein die Schlepper. Auf der Flucht ist Geld mehr Wert als die Menschenwürde ja sogar das Menschenleben. Jede Achtung vor dem Menschen, seiner Angst, seiner Not, seiner Würde geht verloren.  Auf der Flucht wird kein Unterschied gemacht zwischen Kindern, Frauen, Schwangeren, Schwachen oder Kranken. Geld ist wichtiger! Schlepper haben kein Herz. Menschenrechte existieren für sie nicht.

Arabische Schlepper nennen Flüchtlinge „ Haywan“ – Tiere. Und so behandeln sie die Flüchtlinge auch. Am Ende glaubt man selber fast, ein Tier zu sein.

Warum ist das so? Weil es überall auf der Welt Diktatoren gibt, die Menschen wie Sklaven in Zuchthäusern halten. Flüchtlinge sehnen sich nach ihrer ganz persönlichen Freiheit. Ich bin mit 17 Jahren geflüchtet, weil ich nicht in einer Diktatur sondern in Freiheit leben wollte.

Schlepper brauchen kein Verständnis für Fluchtmotive. Sie wollen nur Geld und verfolgen ihr Ziel mit aller Brutalität: sie schlagen Flüchtlinge, vergewaltigen sie, manche werden verkauft.  Mancher Flüchtling ist auch das Mordopfer von Schleppern geworden. Menschenhandel ist heute in Afrika  das große Geschäft, besonders in Nord- und Ostafrika. Millionen sind auf der Flucht und alle in der Hand von Schleppern.

Da, wo jedes Rechtssystem fehlt und jede Rechtssicherheit, da wo Habgier über dem Gebot der Menschlichkeit, über den zehn Geboten Gottes steht, da werden Menschen zu Tieren – Haywan.

 Zekarias Kebraeb
Deutschlandstiftung Integration

Mittwoch, 11. April 2012


                                                      Eritrea Land ohne Zukunft

Endloser Militärdienst, Drill, Misshandlungen, Folter, Sklaverei…Menschen ohne Zukunft, Land ohne Zukunft- Eritrea ohne Zukunft. Mit 17 musste ich meine Mutter und meine Heimatstadt Asmara in  Eritrea verlassen. Die Alternative wäre eine endlose Militärsklaverei gewesen. Wer das in Eritrea nicht akzeptiert, wird  verhaftet und gefoltert! Das wollte ich nicht. Eine Zukunft in Eritrea hatte ich nicht. Ich wollte nicht Sklave sein, auf ein Studium verzichten, auf Bildung, auf Hoffnung, auf Zukunft.
Die Straßen sind voll von Militärpolizisten. An jeder Ecke muss man seinen Ausweis zeigen und erklären, warum man nicht beim Militärdienst ist. Wer keine Ausnahmegenehmigung  hat, wird geschlagen, sofort ins Gefängnis gebracht oder nach Sawa in ein Militärlager geschickt. Niemand will das aber in einem diktatorischen Land entscheidet allein der Diktator. Alle andere haben keine Stimme, sind unwichtig. Flucht und Sklaverei beim Militär ist für ihn völlig normal. Diktatoren sind Krank, brutal, haben keine Zukunft. Am Ende sterben oder fliehen sie. Irgendwann geht auch die Zukunft einer Diktatur zu Ende. Alles hat seine Zeit. Darauf setzen wir. Dann beginnt die Hoffnung für Eritrea, auf die so viele Menschen setzen.

Aber der Preis ist hoch. Ein junger Mensch ohne Hoffnung mit 17 oder 18 Jahren beim Militär. Jedes Jahr dort ist ein verlorenes Jahr, ohne Ausbildung, Schulabschluss, ohne Einkommen. Die einzige Universität in Asmara ist seit 2006 geschlossen. Aber Eritreas Diktator bekämpft sich: „ Wir sind die Nummer 1 in diesem Kontinent“.

Eritreas Diktator hält sich durch Waffen, Militärlager und Krieg an der Macht. Das Ergebnis sind Not und Verzweiflung. Ich habe lange überlegen müssen, wie ich dem begegne. Am Ende war die Flucht meine einzige Chance, und die Hoffnung, meine Zukunft in einem anderen Land aufzubauen. Diese Flucht hätte mich mehrfach fast mein Leben gekostet. Und ich weiß, es sind außer mir tausende junger Menschen, die den gleichen Weg gehen. Aber der Preis ist hoch. Immer wieder verdursten Flüchtlinge in der Wüste, versinken seeuntaugliche Boote im Mittelmeer. Der Tod ist der ständige Begleiter der Flüchtlinge.

Gibt ist eine Zukunft für dieses kleine Land Eritrea? Solange die Jugend dort als Kanonenfutter die Grenzen verteidigen muss, um die Sicherheit des Diktators zu garantieren und seine Existenz zu sichern, nicht. Solange es keine Universitäten gibt, solange Unfreiheit und Terror das Land regieren, nicht. Zukunft braucht Freiheit. Ich hatte für mich keine andre Wahl. Für mich ist Deutschland meine neue Heimat. Hier habe ich Zukunft, weil es Menschen gibt, die an mich glauben, die mich stärken und mein Leben in Freiheit lebens- und liebenswert machen. Aber wenn ich zurück blicke, bricht es mir fast das Herz bei dem Gedanken an  mein Land ohne Zukunft.

Zekarias Kebraeb
Deutschlandstiftung Integration
April 2012




Dienstag, 3. April 2012

„ Zekarias, wie fühlt sich Durst an?“

Diese Frage, Jahre nach meiner Flucht durch die Sahara an mich gestellt, hat mich zu Tränen gebracht.

Warum?

Meine Mutter hatte mich zuhause immer wieder ermahnt! „Zekarias, trink dein Wasser aus!“ ich habe Ihre Ermahnung oft in den Wind geschlagen. Was ist schon ein halbes Glas Wasser?

Am 10. Tag der Flucht durch die Sahara sollte ich im Delirium immer wieder an die Ermahnungen meine Mutter denken. Und in Trance stand ich unter der Dusche, sah Wasser, Wasser ohne Ende. Sogar den Stadtbrunnen von Asmara sah ich in klaren Bildern. Eine Halluzination.

Die Sahara in einem völlig überfüllten Pickup zu durch queren, das heißt sengende Hitze, Sand, Sand, Hitze, Sand, Tag für Tag. Und dann waren die letzten Wasservorräte erschöpft. Die Schlepper hatten verboten, mehr Wasser mitzunehmen. Wasser nahm den Flüchtlingen Platz weg. Der Durst wurde immer quälender. Anfangs wollte ich meine Hoffnung auf Rettung nicht aufgeben. Irgendwann würde ich Wasser bekommen. Dafür habe ich zu Gott gebetet. Mein Glaube an Gott war stark. Ich bin in einer sehr konservativen katholischen Familie aufgewachsen. Die Bibel war unsere tägliche Lektüre. Und ich hatte die Vorstellung: „ Wenn Gott will, ist alles möglich.“ Jesus hat doch auch in der Wüste Speise und Trank für 5000 Menschen geschaffen.

Ich habe sehr oft gebetet, gebetet, gebetet. Aber meine Hoffnung schwand dahin. Ich war nur noch  verzweifelt; am Ende. Meine letzten Gebete waren: „ Gott, wo bist Du? Gott, bist Du da? Lebst Du noch? Ich sterbe! Hilfe! Hörst Du nicht? Ich bin erst 17 Jahre alt! Mein ganzes Leben habe ich doch noch von mir! Warum siehst Du mir einfach nur zu? Warum willst Du, dass ich sterbe?

Eigentlich hatte ich keine Kraft zu  beten. Aber ich wollte weiter beten, bist der Tod kommt. Ich merkte, dass mein Blut immer dicker wurde und Hände und Beine immer mehr anschwollen. Und den andren Flüchtlingen ging es wie mir. Ihre Verzweiflung war so groß, dass einige von dem Auto- Benzin trinken wollten. Andere tranken den eigenen Urin und wurden angebettelt, davon abzugeben, zu teilen. Bei Durst setzt der Verstand aus. Manchmal sterben Flüchtlinge im Kampf ums Überleben.

„ Lasst mich hier, fahrt weiter, einfach ohne mich, „stammelte ich. Ich wollte beim Sterben allein sein, nicht auf dem Fluchtauto, nicht während der Fahrt. Der Tod sollte leise kommen, der Tod in der Wüste. Ich war ihm ganz nahe.

Aki, mein Fluchtfreund ertrug es nicht länger. Er schrie mich an: „ Du musst es schaffen! Hier, trink das! Es war eine Infusionslösung, die er in mich hineinschüttete. Für den allergrößten Notfall hatte er sie aus dem Sudan mitgenommen. Und ich trank, denn eine Vene für die Infusion war nicht mehr zu finden.

Und plötzlich geschah das Wunder. Hatte Gott ein Einsehen mit mir? Hatte er meine Hilferufe gehört? Nach kurzer Zeit kam mein Verstand zurück und mit ihm der Überlebenswille. Gerettet? Wie lange würde es dauern, bis ich neues Wasser bekam? Bald danach kamen wir an eine Oase.

Wasser ist Leben. Das habe ich – dem Tod sehr nahe- in der Wüste gelernt. Heute gehe ich sehr behutsam mit Wasser um. Und wenn meine Mutter mich heute ermahnen würde: „ Zekarias, trink Dein Wasser aus!“ dann gäbe  es nichts, was ich lieber täte.