Dienstag, 22. Mai 2012


                                              Asylheime- Tor zur Freiheit!?

Schicksale führen Menschen in Kinderheime, Altenheime, Behindertenheime oder auch in Asylantenheime.  Heime sind Orte, an denen Menschen zusammen leben, denen ein Leben in einer Familie oder in geordneten Verhältnissen nicht möglich ist. Ein Kind, das beide Eltern verloren hat und ohne Verwandte ist, muss in ein Kinderheim. Ein alter Mensch, der nicht mehr zuhause leben kann, geht in ein Altenheim.

Ich habe vier Jahre in Asylheimen gelebt. Was ist ein Asylheim? Asylheime sind Orte in denen Flüchtlinge untergebracht werden. Flüchtlinge, die sich legal oder illegal in Deutschland, der Schweiz, in Italien oder in jedem anderen Land der Welt aufhalten. Für diese Menschen ist das Asylheim das ungeliebte, das unwirtliche Zuhause.

In den letzten Jahrzenten hat eine große Völkerwanderung eingesetzt. Menschen aus den ärmsten Ländern der Welt, Menschen, die in Unfreiheit leben, Menschen ohne Hoffnung suchen ihr Heil in der Flucht nach Europa.

Am 10. Oktober 2002 bin ich mit 150 anderen Flüchtlingen aus Libyen kommend in Sizilien gelandet. In der Sahara wäre ich beinahe verdurstet, auf der  Überfahrt von Libyen nach Sizilien fast ertrunken- wahrlich kein Einzelschicksal.

Mein Ziel war ein Leben in Freiheit. Meine Hoffnung war Europa. In Sizilien landeten wir in einem großen Asylantenlager. Zwei Monate durften wir das Lager nicht verlassen, bewacht von Carabinieri. Mit denen ist nicht zu spaßen. Irgendwann landete ich in einem Asylheim in der Schweiz. Man lebt dort mit vielen anderen Menschen auf engstem Raum. Arbeit  ist verboten, lernen ebenso. Man wartet darauf, dass die Tage vergehen. Fernsehen ist die einzige Unterhaltung. Und in den Nächten entlädt sich mancher Flüchtlingsfrust durch Randale, Gewalt, Lärm. Und dann immer wieder der ekelhafte Schmutz. Toiletten, Duschen, Kochstellen, alles starrt vor Dreck, es dreht sich einem der Magen um. Und am nächsten Tag beginnt das Warten von  neuem.

Und wenn man fragt, wie lange noch, dann bekommt man zur Antwort: „ Wir haben 50. 000 Asylanträge. Das Verfahren kann 50 Jahre dauern. Wer weiß….“In den Augen der Beamten ist man „ geduldet“. Ich fühlte mich nicht geduldet sondern verloren. Verlorene Zeit, Zeit ohne lernen  zu dürfen, ohne voranzukommen,  ohne zu leben, ohne zu lieben -  verloren. Und dazu die vielen Zwänge in den Asylheimen: Mahlzeiten, wenn man sie so nennen konnte,  hatten allein das Ziel, die Menschen satt zu machen- egal womit. Die Welt eines normalen Bürgers besteht aus Schule, Arbeit, Freizeit, Wohnen, Essen und Ferien. Daraus erwächst Glück. In einem Asylheim ist Glück ein Fremdwort. Ich habe mich oft gefragt: „ Zekarias, wo bist du? Was machst du hier? Gehörst du hierher?“ Ich habe immer wieder versucht, diese Fragen zu verdrängen, um nicht in Depressionen zu verfallen. Denn ich hatte mich ja für die Freiheit entschieden.

Aber ich habe mich auch gefragt, ob die hoch gepriesenen Grundrechte der Verfassung auch für Flüchtlinge gelten. Manchmal glaube ich, sie stehen nur auf dem Papier. Heißt es nicht in dem Gesetzt, dass jeder Flüchtling die Möglichkeit haben soll, in Deutschland zu leben, wenn er in seinem Heimatland aus religiösen oder politischen Gründen verfolgt wird? Ich habe mich auch oft gefragt, warum Flüchtlinge sich in Deutschland nicht frei bewegen dürfen. Müssen sie wirklich in Asylheimen leben? Muss es für sie wirklich eine Residenzpflicht geben, ein Lern- oder Bildungsverbot, ein Arbeitsverbot?

Zehntausende Männer, Frauen, Kinder und Jugendliche leben in deutschen Asylheimen. Jeder von Ihnen  hat Träume, Hoffnungen, Sehnsüchte, Schmerzen und vielleicht Heimweh. Sie alle warten. Sie warten auf die Aufenthaltsgenehmigung. Warum muss es Jahre dauern, bis sie eine Antwort bekommen? Jeder von ihnen hofft, dass sich für ihn das Tor zu Freiheit öffnet.

Zekarias Kebraeb
Deutschlandstiftung Integration










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