Beamte zwischen Pflicht und Mitgefühl
Beamte sind Staatsdiener. Sie stehen dem Staat gegenüber in
einem besonderen Treueverhältnis. Der Staat kann und muss von seinen Beamten
verlangen, dass sie sich für die Beachtung und Einhaltung der Gesetze einsetzen,
ihre Pflicht tun.
Ich bin auf meiner Flucht manchen Beamten begegnet. Sie alle
haben ganz gewiss ihre Pflicht getan. Aber reicht das aus?
Beispiel 1:
Ich war in einem Asylheim in Franken. Ich war verzweifelt,
weil ich nicht arbeiten, nicht lernen durfte. Die „ Residenzpflicht“ zwang
mich, die Zeit im Asylheim totzuschlagen. Alle meine Bemühungen, aus dieser
Zwangslage herauszukommen, vielleicht doch einen Sprachkurs in Deutsch zu
machen, mich vielleicht ein wenig sinnvoller zu beschäftigen, wurden abgelehnt-
mit Hinweis auf die Rechtslage. Aber nicht das war es, was mich immer mehr
verzweifeln lies. Es war ein Beamter der Ausländerbehörde, er und auch sein
Vorgesetzter. Gelangweilt, uninteressiert, herzlos, zynisch reagierten sie auf
meine Not. Bei jedem Gespräch ließen sie mich ihre Verachtung spüren.
Beispiel 2:
Endlich durfte ich meinen ersten Sozialhilfeantrag beim
Arbeitsamt stellen. Als die Sachbearbeiterin mich fragte, wovon ich in den
letzten Monaten gelebt hätte und ich
keine Antwort hatte außer „ von fast nichts“, kamen ihr fast die Tränen
und sie schenkte mir 20 Euro vom ihrem eigenen Geld.
Beispiel 3:
Nach meiner Entlassung aus dem Lübecker Gefängnis an einem
Freitag war ich gezwungen, ein Asylheim aufzusuchen. Dazu bedurfte es eine
Genehmigung durch die Ausländerbehörde. Wie bekommt man an einem Freitagnachmittag
eine solche Genehmigung? Der Beamte- gerade im Aufbruch- ließ mich wissen, dass
er jetzt Dienstschluss habe. Ich solle am Montag wiederkommen. Ein Wochenende
in Dezember bei Schneeregen auf der Straße, ohne Geld, ohne ein Dach über dem
Kopf, um Essen betteln müssen, weil ein Beamter Dienstschluss hatte….
Beispiel 4:
Ich wurde zusammen mit einem Freund bei dem Versuch, ohne
Papiere nach Dänemark zukommen, von zwei Grenzpolizisten festgenommen. Sie
taten ihre Pflicht. Aber sie ließen uns spüren, dass wir Ihnen leid taten. Sie
hatten Mitleid. Sie taten nur das Nötigste, um unsere Scham nicht noch zu
vergrößern. Einen von Ihnen traf ich kurze Zeit später wieder. Er begrüßte mich
freundlich fragte, wie er helfen könne und zeigte mir, das er ein Herz hatte.
Beamte zwischen Pflicht und Mitgefühl?
Beamte sind auch nur Menschen, mit Stärken und mit
Schwächen.
Ich durfte vor 400 Polizeischülern in Lübeck aus meinem Buch
„ Hoffnung im Herzen, Freiheit im Sinn“ lesen. Ich wollte dass sie verstehen,
dass Flüchtlinge Menschen sind wie sie, mit Hoffnung, mit Schamgefühl, mit
einer Seele und mit dem Bedürfnis, wie ein Mensch behandelt zu werden, auch
dann wenn sie ihre Pflicht tun.
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