Mittwoch, 2. Mai 2012


                                Beamte zwischen Pflicht und Mitgefühl

Beamte sind Staatsdiener. Sie stehen dem Staat gegenüber in einem besonderen Treueverhältnis. Der Staat kann und muss von seinen Beamten verlangen, dass sie sich für die Beachtung und Einhaltung der Gesetze einsetzen, ihre Pflicht tun.

Ich bin auf meiner Flucht manchen Beamten begegnet. Sie alle haben ganz gewiss ihre Pflicht getan. Aber reicht das aus?

Beispiel 1:

Ich war in einem Asylheim in Franken. Ich war verzweifelt, weil ich nicht arbeiten, nicht lernen durfte. Die „ Residenzpflicht“ zwang mich, die Zeit im Asylheim totzuschlagen. Alle meine Bemühungen, aus dieser Zwangslage herauszukommen, vielleicht doch einen Sprachkurs in Deutsch zu machen, mich vielleicht ein wenig sinnvoller zu beschäftigen, wurden abgelehnt- mit Hinweis auf die Rechtslage. Aber nicht das war es, was mich immer mehr verzweifeln lies. Es war ein Beamter der Ausländerbehörde, er und auch sein Vorgesetzter. Gelangweilt, uninteressiert, herzlos, zynisch reagierten sie auf meine Not. Bei jedem Gespräch ließen sie mich ihre Verachtung spüren.

Beispiel 2:

Endlich durfte ich meinen ersten Sozialhilfeantrag beim Arbeitsamt stellen. Als die Sachbearbeiterin mich fragte, wovon ich in den letzten Monaten gelebt hätte und ich  keine Antwort hatte außer „ von fast nichts“, kamen ihr fast die Tränen und sie schenkte mir 20 Euro vom ihrem eigenen Geld.

Beispiel 3:

Nach meiner Entlassung aus dem Lübecker Gefängnis an einem Freitag war ich gezwungen, ein Asylheim aufzusuchen. Dazu bedurfte es eine Genehmigung durch die Ausländerbehörde. Wie bekommt man an einem Freitagnachmittag eine solche Genehmigung? Der Beamte- gerade im Aufbruch- ließ mich wissen, dass er jetzt Dienstschluss habe. Ich solle am Montag wiederkommen. Ein Wochenende in Dezember bei Schneeregen auf der Straße, ohne Geld, ohne ein Dach über dem Kopf, um Essen betteln müssen, weil ein Beamter Dienstschluss hatte….

Beispiel 4:

Ich wurde zusammen mit einem Freund bei dem Versuch, ohne Papiere nach Dänemark zukommen, von zwei Grenzpolizisten festgenommen. Sie taten ihre Pflicht. Aber sie ließen uns spüren, dass wir Ihnen leid taten. Sie hatten Mitleid. Sie taten nur das Nötigste, um unsere Scham nicht noch zu vergrößern. Einen von Ihnen traf ich kurze Zeit später wieder. Er begrüßte mich freundlich fragte, wie er helfen könne und zeigte mir, das er ein Herz hatte.

Beamte zwischen Pflicht und Mitgefühl?

Beamte sind auch nur Menschen, mit Stärken und mit Schwächen.

Ich durfte vor 400 Polizeischülern in Lübeck aus meinem Buch „ Hoffnung im Herzen, Freiheit im Sinn“ lesen. Ich wollte dass sie verstehen, dass Flüchtlinge Menschen sind wie sie, mit Hoffnung, mit Schamgefühl, mit einer Seele und mit dem Bedürfnis, wie ein Mensch behandelt zu werden, auch dann wenn sie ihre Pflicht tun.


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