Warum?
Meine Mutter hatte mich zuhause immer wieder ermahnt!
„Zekarias, trink dein Wasser aus!“ ich habe Ihre Ermahnung oft in den Wind
geschlagen. Was ist schon ein halbes Glas Wasser?
Am 10. Tag der Flucht durch die Sahara sollte ich im Delirium
immer wieder an die Ermahnungen meine Mutter denken. Und in Trance stand ich
unter der Dusche, sah Wasser, Wasser ohne Ende. Sogar den Stadtbrunnen von
Asmara sah ich in klaren Bildern. Eine Halluzination.
Die Sahara in einem völlig überfüllten Pickup zu durch
queren, das heißt sengende Hitze, Sand, Sand, Hitze, Sand, Tag für Tag. Und
dann waren die letzten Wasservorräte erschöpft. Die Schlepper hatten verboten,
mehr Wasser mitzunehmen. Wasser nahm den Flüchtlingen Platz weg. Der Durst
wurde immer quälender. Anfangs wollte ich meine Hoffnung auf Rettung nicht
aufgeben. Irgendwann würde ich Wasser bekommen. Dafür habe ich zu Gott gebetet.
Mein Glaube an Gott war stark. Ich bin in einer sehr konservativen katholischen
Familie aufgewachsen. Die Bibel war unsere tägliche Lektüre. Und ich hatte die
Vorstellung: „ Wenn Gott will, ist alles möglich.“ Jesus hat doch auch in der
Wüste Speise und Trank für 5000 Menschen geschaffen.
Ich habe sehr oft gebetet, gebetet, gebetet. Aber meine
Hoffnung schwand dahin. Ich war nur noch
verzweifelt; am Ende. Meine letzten Gebete waren: „ Gott, wo bist Du?
Gott, bist Du da? Lebst Du noch? Ich sterbe! Hilfe! Hörst Du nicht? Ich bin
erst 17 Jahre alt! Mein ganzes Leben habe ich doch noch von mir! Warum siehst
Du mir einfach nur zu? Warum willst Du, dass ich sterbe?
Eigentlich hatte ich keine Kraft zu beten. Aber ich wollte weiter beten, bist der
Tod kommt. Ich merkte, dass mein Blut immer dicker wurde und Hände und Beine
immer mehr anschwollen. Und den andren Flüchtlingen ging es wie mir. Ihre
Verzweiflung war so groß, dass einige von dem Auto- Benzin trinken wollten.
Andere tranken den eigenen Urin und wurden angebettelt, davon abzugeben, zu
teilen. Bei Durst setzt der Verstand aus. Manchmal sterben Flüchtlinge im Kampf
ums Überleben.
„ Lasst mich hier, fahrt weiter, einfach ohne mich,
„stammelte ich. Ich wollte beim Sterben allein sein, nicht auf dem Fluchtauto,
nicht während der Fahrt. Der Tod sollte leise kommen, der Tod in der Wüste. Ich
war ihm ganz nahe.
Aki, mein Fluchtfreund ertrug es nicht länger. Er schrie mich
an: „ Du musst es schaffen! Hier, trink das! Es war eine Infusionslösung, die
er in mich hineinschüttete. Für den allergrößten Notfall hatte er sie aus dem
Sudan mitgenommen. Und ich trank, denn eine Vene für die Infusion war nicht
mehr zu finden.
Und plötzlich geschah das Wunder. Hatte Gott ein Einsehen mit
mir? Hatte er meine Hilferufe gehört? Nach kurzer Zeit kam mein Verstand zurück
und mit ihm der Überlebenswille. Gerettet? Wie lange würde es dauern, bis ich
neues Wasser bekam? Bald danach kamen wir an eine Oase.
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