Mittwoch, 6. Juni 2012


Mein neues Leben ohne Residenzpflicht

Als Flüchtling ohne Legitimation wird man in ein Asylheim eingewiesen. Asyl klingt nach Schutz, nach Sicherheit und Geborgenheit. Die Wirklichkeit sieht oft ganz anders aus.

Ich wurde nach Solnhofen, einem Dorf mit 1900 Einwohnern in Landkreis Weißenburg- Gunzenhausen geschickt. Ein Asylheim mitten im Dorf, auf dem Lande, in Bayern, kaum vorstellbar.

Niemand kann sich vorstellen, wie schwer das Wort „ Residenzpflicht“ wiegt. Einen Ort nicht verlassen dürfen und das mit vielen anderen Flüchtlingen, das ist, wie in einem offenen  Gefängnis zu leben. Langweile, Streit, der Frust des nichts Tuns und die Enttäuschung mancher Flüchtlinge entlud sich oft genug in Gewalt. Zerbrochene Möbel und Fenster, verdreckte Küchen und Sanitäranlagen – Trauer, Enttäuschung und Wut waren die Folge.  Dazu das Verbot, keine Schule besuchen zu dürfen um etwas Sinnvolles zu lernen. Immer wieder die vergebliche Bitte um einen Urlaub, eine Ausnahme, ein kleines Stück Freiheit- „ Abgelehnt“!

Heute ist alles anders. Als anerkannter politischer Flüchtling bin ich frei. Ich darf überall hinfahren und fliegen und darf auch wieder nach Deutschland einreisen. Diese Freiheit ist für mich unbeschreiblich. Weil ich heute frei bin, kann ich mein Leben selbst in die Hand nehmen z. B  nach Berlin umziehen, arbeiten, mich um meine Bildung kümmern, viele Lesereise machen und letzte Woche sogar an einer Konferenz in den USA teilnehmen.

In der letzten Woche bin ich nach Washington D.C zu einer Konferenz über die Zukunft Eritreas geflogen und weiter zu einer Lesung nach Bern in die Schweiz. Das war der Wechsel von einem kleinen isolierten Flüchtling zu einem Weltreisenden. Was für eine wunderbare Erfahrung, frei zu sein! Das hat mich ermutigt, meinen Landsleuten weltweit Mut zu machen, meine Meinung in der Konferenz zu sagen, über meine Erfahrungen in verschiedenen Städten zu berichten und natürlich mein freies Leben zu genießen.

Die Residenzpflicht mag ein politisch notwendiges Mittel sein. In der Wahrnehmung eines Asylanten bedeutet die Residenzpflicht Lern- und Arbeitsverbot, wie in einem offenen Gefängnis.



Zekarias Kebraeb

Deutschlandstiftung Integration

Juni 2012

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen